Die Zitrone, das Vitamin C und unser Immunsystem

Zitrone, Vitamin C und unser ImmunsystemDer Sommer dürfte jetzt wohl endgültig vorbei sein und der Herbst hält Einzug. Die Zeit des großen Yangs ist vorbei und wir kommen in die beiden regenerativen Jahreszeiten. Das Yang zieht sich zurück und das Yin tritt in den Vordergrund. Übersetzt heißt das: es wird früher dunkel, die Tage werden kürzer und wir könnten früher ins Bett gehen, um unsere Yin-Reserven, die im Sommer durch große Hitze und Trockenheit in Mitleidenschaft gezogen wurden, wieder aufzubauen. Generell ist die Yin-Zeit eine Zeit der Ruhe, des Rückzugs und der inneren Einkehr. Mit der herbstlichen Abkühlung und dem aufkommenden Wind, ist es leider auch oft eine Zeit der Verkühlung, des Schnupfens und des Hustens. In der westlichen Medizin lautet die Antwort darauf: Vitamin C, Vitamin C und nochmal Vitamin C.

Und wo ist (vermeintlich) am meisten Vitamin C drin? Genau, in Zitrusfrüchten. Deshalb ziehen sie wieder in unsere Küchen und Speisekammern ein: Orangen, Zitronen und bald auch Clementinen und Mandarinen. Du musst jetzt aber ganz stark sein, denn ich muss Dich sogar in zweifacher Hinsicht enttäuschen. Zum einen: Zitrusfrüchte haben nicht besonders viel Vitamin C im Vergleich zu den heimischen, in dieser Saison vorherrschenden Gemüsesorten. Zum anderen: aus TCM-Sicht sind Zitrusfrüchte in der Herbst- und Winterzeit nicht besonders empfehlenswert.

Kühlendes gehört in den Sommer, Wärmendes in den Winter

Eigentlich ist das gut erklärbar mit den klimatischen Bedingungen, die in den eigentlichen Herkunftsländern der Zitrusfrüchte herrschen. Sie kommen aus meist heißen südlichen Ländern. Die Menschen in diesen Ländern brauchen Abkühlung und Befeuchtung. Und genauso wirken Zitrusfrüchte (Zitrone noch mehr als Orange zum Beispiel): kühlend, befeuchtend und durch den sauren Geschmack adstringierend – das bedeutet so viel wie “zusammenziehend” und hilft so, unsere wertvollen Säfte und unser Yin in der heißen, trockenen Jahreszeit im Körper zu behalten.

Im Herbst und im Winter wollen wir aber eines besonders nicht: uns abkühlen. Noch frieren wir ohnehin bei jedem Grad, das am Thermometer weniger angezeigt wird. Der Körper muss sich erst daran gewöhnen, wieder ein paar Kleidungsschichten mehr zu benötigen. Außerdem zirkuliert unser Wei-Qi, unser Abwehr-Qi, zwischen Haut und Muskeln ganz an der Körperoberfläche. Das braucht Yang (Wärme, Energie), um uns kräftig und lückenlos vor pathogenen Erregern (Viren, Bakterien, etc…) zu schützen.

Ein weiteres Thema ist Vitamin C, wenn uns schon ein Erreger erwischt hat und der Schnupfen und/oder der Husten schon in vollem Gange ist/sind. Wir haben ja lange genug gehört, dass Ascorbinsäure (zum Beispiel in Form einer Brausetablette) gleich zu Beginn eines Infektes wahre Wunder wirkt. Nun, ich sag mal so: Um einen Erreger aus dem Körper zu bekommen, wärmen wir uns ordentlich auf, damit sich die Poren öffnen und der Erreger am besten gleich zu Beginn wieder dahin abhaut, woher er gekommen ist – nach draußen. Eine Vitamin C-Bombe in Form von Ascorbinsäure oder Zitronen- oder Orangensaft bewirkt das genaue Gegenteil. Wir kühlen unseren Organismus ab und der saure Geschmack (wir erinnern uns, er wirkt adstringierend) bewirkt, dass wir alles schön in uns drin behalten. So kann der Erreger nicht nur nicht hinaus, sondern bekommt womöglich noch die Möglichkeit, in tiefere Schichten einzudringen und das wiederum bewirkt, dass sich die Krankheit verschlechtern kann.

Heimische Vitamin-C-Bomben

Also nicht, dass Du mich jetzt falsch verstehst. Vitamin C kann uns tatsächlich sehr nützlich sein, auch zur Herbst- und Winterzeit. Es stärkt nicht nur die körpereigene Abwehr (also unser Wei-Qi), es aktiviert auch unseren Zellstoffwechsel und hilft uns, uns besser zu konzentrieren und generell besser drauf zu sein. Dazu braucht es aber nicht Früchte, die zu früh geerntet werden, damit sie nach einer langen Reise bei uns erst reif werden. Wir haben im heimischen Gemüsegarten Vitamin-C-Bomben, da erblasst die Zitrone sogar vor Neid. Und zwar:

Kohlgemüse (Karfiol, Kohlsprossen, Brokkoli)
Kraut (rotes, weißes und auch Sauerkraut)
Petersilie
Hagebutten
Kohlrabi
Brennesseln
Kresse

Die therapeutische Wirkung von Zitrone & Co.

Auch Zitrusfrüchte haben natürlich ganz außergewöhnliche therapeutische Wirkweisen im Angebot. Zur richtigen Zeit (hauptsächlich im Sommer) können sie unseren Organismus vor Austrocknung und Überhitzung schützen. Die Zitrone wirkt noch kühlender als etwa die Orange. Und die Schalen wirken durch die neutrale Thermik und den bitteren, leicht scharfen Geschmack noch einmal völlig anders. Anders als Fruchtfleisch und der Saft, die dem Holzelement zugeordnet werden, gehören die Schalen von Zitrone und Orange zum Feuer. Sie haben durch ihren Geschmack vor allem die Fähigkeit, Schleim zu lösen – sowohl den sichtbaren in den Atemwegen als auch den nicht frei mit dem Auge erkennbaren Schleim, der mit Symptomen wie Übergewicht, Bluthochdruck oder schlechten Blutfettwerten einhergeht.

Also wie immer lautet die Devise:  Essen Sie die passenden Lebensmittel zur jeweiligen Zeit. Und zur Herbst- und Winterzeit sind lang gekochte Kraftsuppen zum Beispiel eine ganz tolle Möglichkeit, den Organismus zu wärmen und somit das Immunsystem, unser Wei-Qi, zu stärken. Als Kraftsuppe funktionieren Fleischbrühen genauso wie Suppen aus Gemüse und/oder Hülsenfrüchten und/oder Getreide. Sie geben unserem Yang den nötigen Schwung, ohne unser Yin zu belasten. In diesem Sinne – bleib’ gesund!

 

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